1917: Im Verlauf der Schlachten am Isonzo [1] erschlägt ein Motorradfahrer namens Valera, Angehöriger eines italienischen Motorradbataillons, einen deutschen Soldaten mit dem schweren Messingscheinwerfer des Motorrads, mit dem sein Kollege kurz vorher zu Tode gekommen ist.
1976: Eine junge Frau, Reno genannt, fährt mit ihrer Moto Valera GT650 nach Nevada, zum Bonneville Speedway, um auf dem ausgetrockneten Salzsee ein Land-Art-Projekt zu realisieren und einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen.
Mit diesen beiden Szenen beginnt die Geschichte der jungen Kunststudentin, Motorradfahrerin und Skirennfahrerin Reno, die kurz vor dem Salzsee-Intermezzo nach New York gezogen ist, um dort als Künstlerin Anschluss an die New Yorker Szene zu finden. Sie wohnt im Stadtteil SoHo, fühlt sich anfangs sehr verloren und begegnet sukzessive den Männern und Frauen dieser Szene, die sich in den 1970er Jahren in diesem Stadtteil tummeln. Es sind Künstler und Möchtegern-Künstler verschiedenster Art, lebende Kunstprojekte, aber auch politische Aktivisten, wie Burdmoore Model, eine exzentrische Figur, die in früheren Jahren zur Anarchistengruppe der Motherfuckers gehört hat. Reno lernt Sandro Valera kennen, einen arrivierten Künstler, der seiner Herkunft aus einer italienischen Unternehmerfamilie (Motorräder und Autoreifen) den Rücken gekehrt hat und sich als Frauenheld betätigt. Sie verliebt sich in Sandro, bleibt aber letztlich in der chauvinistischen Künstler-/Männerwelt immer eine Nebenfigur.
Mit Sandro zusammen besucht sie schliesslich Italien und das Anwesen der Unternehmerfamilie am Comersee, schön zurechtgemacht, wird aber dort nicht akzeptiert, sondern ist eher Sandros Trophäe, die er zu Hause vorführt, die aber von seiner Mutter nicht gewürdigt wird. Das Unternehmen Valera wird seit dem Tod des Vaters und Firmengründers von Sandros Bruder geführt. Es ist die Zeit der Brigate Rosse, die in den späten 70er Jahren Streiks organisieren und Entführungen, Banküberfälle und Mordanschläge verüben. Auch die Valera-Werke werden bestreikt.
Reno wird von Sandro betrogen, und in der Folge fährt sie in einer Art Kurzschlusshandlung mit einem Mitarbeiter der Valera-Werke und Aktivisten der Brigaden nach Rom, wo sie sich in den bewaffneten Kampf verstrickt und zuletzt dem Aktivisten zur Flucht über die Grenze verhelfen muss. Die Skirennfahrerin, Künstlerin und Motorradfahrerin wird einmal mehr zur Statistin, Helferin und Zuschauerin degradiert und erwartet schliesslich schlotternd in der Kälte den Flüchtigen jenseits der Grenze.
Der Roman hat ein grosses Echo gefunden, viele enthusiastische Stimmen, ebenso wie einige kritische und ablehnende, die ihm Oberflächlichkeit und Redundanz vorwerfen. Ich gehöre zur Gruppe der enthusiastischen Befürworter und finde das Buch absolut faszinierend. Nachfolgend einige kommentierte Links zu Rezensionen, Kommentaren und Hintergrundinformationen im Internet:
Das Team des Literaturclub SRF (Christine Lötscher, Martin Ebel, Thomas Strässle, Nicola Steiner) wirft dem Roman etliche Schwachstellen vor; nur Christine Lötscher verteidigt die Autorin ohne Vorbehalte.
http://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=61bf2f9c-2842-465b-95cf-ea73ba2ebeda#/
Carto, ein amerikanischer Blogger, liefert interessante und aufschlussreiche Hintergrundinformationen mit Bildmaterial zu Personen, Motorrädern, Filmen und Schauplätzen.
https://cartoslibrary.wordpress.com/2013/03/16/china-girl-on-an-italian-motorcycle/
Ijama Mangold (Zeit Online) schreibt eine ausführliche und ausgewogene Zusammenfassung des Inhalts und fokussiert in seinen Überlegungen auf philosophische und weltanschauliche Fragen. Einzig die Fragen des «Besuchers» an die Autorin am Anfang des Artikels hätte sich der Rezensent meiner Ansicht nach sparen können.
http://www.zeit.de/2015/13/rachel-kushner-flammenwerfer-tom-wolfe-radical-chic/komplettansicht
Wieland Freund (Die Welt) geht in vielen kleineren Abschnitten seinen Gedanken und Assoziationen nach, die ihn bei der Lektüre begleitet haben. Er öffnet damit eine anregende kaleidoskopische Sicht auf kleinere und grössere Einzelheiten und Themen des Romans.
http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article137930797/Das-schnellste-Buch-der-Welt.html
Homepage von Rachel Kushner.
http://www.rachelkushner.com/about.html
Curated by Rachel Kushner: The Flamethrowers (The Paris Review): Der gleiche Text ist als Nachwort des Romans abgedruckt; online allerdings mit mehr Fotos angereichert.
http://www.theparisreview.org/art-photography/6197/the-flamethrowers-rachel-kushner
Insurrection: An Interview with Rachel Kushner (The Paris Review, April 2013).
http://www.theparisreview.org/blog/2013/04/03/insurrection-an-interview-with-rachel-kushner/
[1] Unter den Isonzoschlachten (1915 – 1917) versteht man zwölf blutige Auseinandersetzungen im ersten Weltkrieg zwischen Italien und Österreich-Ungarn. Benannt wurden sie nach dem Fluss Isonzo, um dessen Tal sich die Fronten zogen. Das Gebiet liegt grösstenteils im heutigen Slowenien.
(Wikipedia)
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